Ich erlebe meinen Körper. Auch, wenn ‹ich› nichts tue, schlägt mein Herz, blinzeln meine Augen, kribbeln meine Füße. Ich stehe und falle nicht um, auch wenn der Wind bläst. Ich nehme die Ausdrücke meines Körpers wahr: Das Ziehen in der Schulter, das Brennen in der Wunde, das Drücken oben im Schädel, das Grummeln im Magen, die Spannung im Nacken, das wohlige, feine Pulsieren, das meinen ganzen Körper durchzieht, wenn ich ihm meine ganze Aufmerksamkeit schenke… Ich sage ‹ihm›, doch wer bin dann ‹ich›?
Ich erlebe meinen Körper – ich erlebe mich körperlich. Ich tue und auch mein Körper tut. Er pumpt das Blut durch die Adern, kaut und verdaut das Essen, weitet die Lungenflügel, wächst die Haare aus der Kopfhaut hinaus, bildet Schleim, beult die Haut im Gesicht zu Pickeln, legt Fett um die Hüfte an, nimmt wieder ab, wird müde, schläft und wacht wieder auf. Tue ‹ich› das alles?
Es klingt theoretisch, doch wahrer kann ich es nicht ausdrücken: Ich bin Körper und ich bin etwas, das nicht in diesem Physischen ist, zugleich! Denn ‹ich› möchte die Beulen in meinem Gesicht nicht und auch nicht die Abnahme ‹meines› Gewichtes. Dennoch tut ‹er› es, der Körper.
Ich gehe durch die Straßen. Mein Kopf wendet sich und ich sehe die Frau mit dem aufrechten Gang, den langen, leicht gewellten Haaren und den feinen Gesichtszügen auf der anderen Straßenseite gehen. Hast du, Körper, eben den Kopf gewendet, oder war ich das?
In meinem Erleben finde ich einiges, das scheinbar vom Physisch-Körperlichen gelöst ist: Ich denke und habe Gedanken. Schon x-mal habe ich in den letzten Tagen gedacht und gewollt, dass ich ganz gesund bin und noch immer bin ‹ich› erkältet. Schon wieder werde ich müde, dabei will ich doch gar nicht müde werden! Ich möchte weiterarbeiten! Ich habe Gefühle: Angst, Wut, Freude, Leid, Traurigkeit, Liebe, doch mein Körper kann sie nicht begreifen. Ich kann sie weder sehen, hören, riechen, schmecken noch tasten. Sie sind in mir, doch ich weiß nicht wo, kann den Ort des Fühlens nicht in mir ausmachen, wie bei einem Drücken, Brennen oder Kribbeln. Ich stelle eine Flasche Wasser beim Schreiben neben mich auf den Schreibtisch. Da! Eben habe ich getrunken! Ohne, dass ich das in Gedanken angedacht habe. Im Denken bin ich während des Trinkens mit ganz anderem beschäftigt gewesen.
Mein Körper ist ein eigenes Wesen. Ich bin Körperwesen und Seelengeist zugleich. Mein Körper lebt in der physischen Welt und ich Seelengeist in der seelisch-geistigen. Es sind unterschiedliche Sphären. Zugleich bin ich Eines. Oftmals ist mein Körperliches weiser als mein Geistiges, denn nach dem Schlafen geht die Arbeit viel leichter von der Hand. Oftmals ist mein Seelisch-Geistiges weiser als meine Körperliches, denn das Wasser ist nur am Anfang furchtbar kalt. Dann schwimme ich wohlig im bewegten See.
Mitunter ist mein Denken still und ich folge meinem Instinkt. ‹Instinkt› ist nur ein anderes Wort für mich als Körperwesen. Mein Instinkt ist in sich weise und tut Seines zum Wohl meines Ganzen. Mitunter gehe ich Körper auch meinen ganz eigenen Wünschen nach. Mein Körperwesen vollzieht im Großen und im Kleinen eigene Bewegungen. Je bewusster ich mich selbst mit mir als körperlichem Ich verbinde, desto mehr sind meine inneren und äußeren Bewegungen eins.
geschrieben und veröffentlicht am 2.4.2017, letzte Änderung am 2.4.2017 um 17:00 Uhr
was im Außen, Körper und Innern erlebbar ist
Christoph Steinbach und Jaipur
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